Ist das Bildung oder kann das weg?

Eine Untersuchung zur Nutzung von Zoobeschilderungen im Augsburger Zoo


Im Folgenden soll Ihnen ein kurzer Einblick in eine Masterarbeit (M. Ed.) gewährt werden, die sich von November 2013 bis April 2014 insbesondere mit folgenden konkreten Fragestellungen zum Thema „Bildungsmedium Zoobeschilderung“ im Augsburger Zoo beschäftigt hat:

  • Wie steht es generell um die Nutzung der bestehenden Zoobeschilderungen durch die Augsburger Zoobesucher?(Untersuchungszeitraum November 2013 – Januar 2014; Untersuchungsmethode: Besucherbeobachtung und -befragung)
  • Wie zufrieden zeigen sich die Augsburger Zoobesucher mit dem Inhalt/der Gestaltung der bisherigen Zoobeschilderungen?
  • Welche Wünsche bzw. Anregungen haben die Augsburger Zoobesucher bzgl. der inhaltlichen und gestalterischen Überarbeitung/Neugestaltung diverser Beschilderungs-elemente?
  • Sind die bestehenden Zoobeschilderungen in Form von Steckbriefen und Übersichtstafeln noch zeitgemäß?(Untersuchungszeitraum November 2013 – Januar 2014 und März/April 2014; Untersuchungsmethode: Besucherbefragung)
  • Ist eine teilweise Um-/Neugestaltung der bestehenden Zoobeschilderungen, die insbesondere auf die Anregungen der Besucher eingeht und im Sinne einer größeren Handlungsorientierung vollzogen wird, in der Lage, die Nutzung der Zoobeschilderungen durch die Besucher zu steigern? (Untersuchungszeitraum März/April 2014; Untersuchungsmethode: Besucherbeobachtung und -befragung)

Das für die Untersuchungen herangezogene Beobachtungs- und Befragungsfeld beschränkte sich dabei auf den in Abb. 1 gekennzeichneten Bereich des Augsburger Zoos.

Abb. 1: Übersichtsplan des Augsburger Zoos; die rote Markierung kennzeichnet das Beobachtungs- und Befragungsfeld

Anlage 1 = Löwe

Anlage 2 = Mantelpavian & Rotbüffel

Anlage 3 = Amurkatze

Anlage 4 = Onager

Anlage 5 = Streifenhyäne

In der ersten Untersuchungsphase von November 2013 – Januar 2014 ging es darum, einen Ausgangswert bezüglich der Nutzung der Augsburger Zoobeschilderungen im Untersuchungsfeld zu ermitteln. Ein Beschilderungselement galt dabei im Rahmen der Beobachtungen als gelesen, wenn ein Besucher mehr als 5s deutlich erkennbar auf eine Beschilderung fokussiert war. Für die Beschilderungselemente zu obig genannten Anlagen ergaben sich nach Abschluss der ersten Beobachtungsphase die in Tab. 1 angeführten Werte.


Löwe Steckbrief

Löwe Übersichtstafel

Pavian & Rotbüffel

Steckbrief

Amurkatze

Steckbrief

Onager

Steckbrief

Streifenhyäne

Übersichtstafel

0,3%

7,4%

0,4%

3,4%

9,9%

7,2%






Die ermittelten Lesewerte blieben dabei durchwegs unter der 10% Grenze zurück und erreichten zeitweise nicht einmal einen Lesewert von 1% – eine unbefriedigende und ernüchternde Ausgangssituation. 


Daher wurden im Rahmen zahlreich durchgeführter Besucherinterviews und parallel zur ersten Besucherbeobachtungsphase die Wünsche/Ansprüche der Besucher an die Zoobeschilderungen ermittelt. Diese wurden anschließend mit in die Umgestaltung bzw. Neugestaltung der Beschilderungselemente aufgenommen. Bei der Umgestaltung der bereits bestehenden Informationstafeln wurde weiterhin Wert auf ein zweckorientiertes und  modernes Design gelegt (vgl. Abb. 2). Dabei spielte allen voran die grafische Darstellung von Informationen eine große Rolle. Es wurde ferner versucht, Textbausteine ansprechender zu präsentieren und nur diejenigen Informationen textuell einzubringen, die von der Mehrzahl der Zoobesucher als interessant empfunden und als lesenswert eingestuft wurden. Hohe Authentizität wurde des Weiteren dadurch geschaffen, dass für Tierabbildungen nur Fotografien verwendet wurden, die von Augsburger Zoobesuchern aufgenommen worden waren. Auf allen Schildern sind somit nur Augsburger Zootiere zu sehen. 

Abb. 2: beispielhafte Gegenüberstellung des „alten“ Steckbriefs zur Amurkatze (oben) – überarbeitete Version (unten)

Zusätzlich zur Umgestaltung der bestehenden Zoobeschilderungen wurden neue Beschilderungselemente entwickelt, die den Bestand thematisch und didaktisch ergänzten und erweiterten. Bei der Neugestaltung dieser Beschilderungselemente stand der Anspruch der Handlungsorientierung im Vordergrund. Insgesamt wurden so sieben handlungsorientierte Elemente entwickelt. Davon fünf Klappschilder (4x Mantelpavian, 1x Onager), eine Fingerhantel zum direkten Kräftevergleich zwischen menschlicher Handkraft und der Gebisskraft einer Hyäne sowie ein „Lernrohr“ (Löwenanlage), das durch seine funktionale Anlehnung an ein Fernrohr den Fokus der Besucher auf andere Beschilderungselemente der Anlage lenken sollte.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Leserate der Steckbriefe und Übersichtstafeln auch durch die gestalterischen und inhaltlichen Umgestaltungsmaßnahmen im Durchschnitt leider nicht merklich gesteigert werden konnte (vgl. Tab. 2).


Löwe

Steckbrief

Löwe Übersichtstafel

Pavian & Rotbüffel Steckbrief

Amurkatze Steckbrief

Onager

Steckbrief

Streifenhyäne

Übersichtstafel

4,4%

11%

0,3%

5,5%

7,6%

4,1%

Tab. 2: Anteil der im März/April 2014 beobachteten Zoobesucher, die die im Folgenden aufgelisteten Beschilderungen gelesen haben

Betrachtet man jedoch die Werte für die neu erstellten, handlungsorientierten Beschilderungselemente, so ergibt sich ein völlig anderes Bild (vgl. Tab. 3


 

Lernrohr

Löwe

Fingerhantel

Streifenhyäne

Klappschilder Paviane & Rotbüffel

Klappschild

Onager

Kinder

21,5%

22,4%

46,4%

29,4%

Erwachsene

3,3%

13,9%

19,6%

13%

insgesamt

8,7%

13,6%

28,4%

18,4%

Tab. 3: Anteil der im März/April 2014 beobachteten Zoobesucher, die eine oder mehrere der neu erstellten handlungsorientierten Beschilderungen genutzt haben

Da zum vollständigen Erschließen dieser Beschilderungselemente eine Handlungskomponente vom Besucher eingebracht werden muss, wird nun nicht mehr von einer Lese- sondern von einer Nutzungsrate gesprochen. Besonders fallen die Nutzungsraten der jungen Besucher auf, die durchschnittliche Werte von bis zu 46,6% erreichen. Doch auch insgesamt ergeben sich beachtliche Werte. Begründen lässt sich das nur durch den hohen formalen und sachlichen Aufforderungscharakter der Beschilderungen, die die Neugierde eines merklich größeren Teils der Besucherschaft und insbesondere der Kinder zu wecken vermag. 

Abb. 3: Kinder bei Entdecken eines neuen Klappschildes an der Pavian- & Rotbüffelanlage des Augsburger Zoos

Im Rahmen der Besucherbefragungen wurde zudem häufig festgestellt, dass Inhalte, die im Rahmen handlungsorientierter Beschilderungen aufgearbeitet wurden, bei den Besuchern besser abrufbar waren als Inhalte, die über normale Steckbriefe oder Übersichtstafeln an die Besucher vermittelt werden sollten. Verallgemeinernd gesprochen waren also nach Anbringung der neuen, handlungsorientierten Elemente größere Lernerfolge zu beobachten.

Somit kann die provokative Fragestellung der Überschrift klar negativ beantwortet werden:

Zoobeschilderungen können nicht weg! Im Rahmen dieser Arbeit war deutlich zu beobachten, dass sie einen wichtigen Beitrag zum Bildungsauftrag moderner zoologischer Gärten leisten können. Entscheidendes Kriterium ist hierbei jedoch eine zeitgemäße, lerner- und vor allem kinderzentrierte Gestaltung, die dem menschlichen Entdeckungs- und Tatendrang gerecht wird.

 

Maria Reißner

Lehramtsstudium für Gymnasien mit der Fächerkombination Chemie/Biologie

Technische Universität München